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Referenzbericht Landkreis Ebersberg

Referenzbericht Landkreis Ebersberg

Landkreis Ebersberg

In die Doppik ohne Doppelstrategie

Seit 1. Januar 2005 arbeiten die Kreisräte des Landkreises Ebersberg nicht mehr mit klassischen Haushaltsplänen, sondern mit Bilanzen, Finanz- und Ergebnisrechnungen. Die Kommune stützt sich dabei auf die Softwarelösung Infoma newsystem. Damit untermauert das Amt, das bereits im Jahr 2000 den bayerischen Innovationspreis erhielt, einmal mehr seinen Vorbildcharakter im Freistaat. Als dort nämlich zum Jahreswechsel die Zeichen auf Doppik geschaltet wurden, war Ebersberg der erste bayerische Landkreis, der vollständig auf die kaufmännische doppelte Buchführung umgestellt hat – und zwar mit einem Sprung ins kalte Wasser.

Brigitte Keller, die in der Stabsstellenfunktion kommunale Steuerung für Verwaltungsreform und Controlling verantwortlich zeichnet: „Wir sind von einer typischen HKR-Software ohne Netz und doppelten Boden auf die Doppik umgestiegen.“ Den strikten Kurs hielt die Verwaltungsreform-Expertin dabei für deutlich weniger Crash-gefährdet als einen Umstieg mit Kameralistik in der Hinterhand. „So spart man enorme Ressourcen, die für die Weiterführung der alten Verfahrensweise erforderlich würden und kann sich daher voll und ganz auf das neue System konzentrieren. Außerdem kann ein „schleichender“ Übergang etwaige Probleme des Wechsels eh nicht ersparen, sondern allenfalls ein wenig hinausschieben.“

Zu Gute kamen dem Landkreis bei der Umstellung die bereits vorhandenen Erfahrungen bei der Umsetzung der Verwaltungsreform. Schon 1999 wurde die Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt. Damit freilich war auch der Weg in die Doppik bereits vorgezeichnet.

Herausforderung

„In dem Moment, in dem man beginnt, intensiver über die KLR nachzudenken, setzt man sich auch mit der Doppik auseinander“, weiß Brigitte Keller. Denn obwohl die Sachgebiete im Rahmen der KLR budgetiert und damit organisatorisch aufgebaut sind, werden sie in der Kameralistik in Gliederungsabschnitten dargestellt. Budgets und Kameralistik lieferten folglich unterschiedliche Zahlen – auch zum Unmut der Politiker.

Zwar stellte sich dem Ebersberger Team zunächst die Frage, ob dem Problem auch mit erweiterter Kameralistik beizukommen wäre. Doch im Sommer 2003 fiel ein eindeutiges Votum für die Doppik. Brigitte Keller: „Erweiterte Kameralistik wäre ein Werk gewesen, das sich weiter nur mit Haushaltsstellen, Einnahmen und Ausgaben beschäftigt hätte. Das genügte uns aber nicht mehr.“

Der Entscheidung waren umfassende Überlegungen und Weichenstellungen vorausgegangen. Vor allem aber wurde sie nicht von der Verwaltungsspitze, sondern direkt vom Landrat getroffen. Für Brigitte Keller ein ganz wichtiger Punkt: „So ein Projekt ist äußerst konfliktbehaftet und mit vielen Emotionen der Betroffenen verbunden. Das schafft man nur mit klaren Entscheidungsstrukturen von ganz oben.“

Ein geeigneter Softwareanbieter wurde im Rahmen eines umfassenden Ausschreibungsverfahrens gesucht. Obwohl der Landkreis bereits seit 1999 die Kosten- und Leistungsrechnung der Ulmer Axians Infoma GmbH im Einsatz hatte, sollte daraus bewusst kein Bonus für den Doppik-Auftrag abgeleitet werden. Doch bei der durch ein neutrales Beratungsunternehmen begleiteten Bewertung der neun Anbieter, zeigte sich Axians Infoma bei der Präsentation vor Ort als einziges Unternehmen in der Lage, die Aufgabenstellung abzubilden. Hinzu kam, dass die Ulmer bereits Referenzen im Doppik-Betrieb vorweisen konnten.

Lösung

Der Zuschlag für Infoma newsystem erfolgte im April 2004. Gleichzeitig stellte der Lenkungsausschuss gemeinsam mit Axians Infoma einen Projektplan auf, der die einzelnen Einführungsschritte festlegte. Jeder dieser Schritte wurde mit kontextbezogenen, praxisorientierten Schulungen begleitet, die nach dem Prinzip „Learning by doing“ angelegt waren. Für die Koordination der Maßnahmen war sowohl beim Landkreis als auch bei Axians Infoma jeweils ein Verantwortlicher bestellt. Dadurch konnten Streuverluste beim Informationsfluss erfolgreich vermieden werden.

Entscheidungsdruck durch knappen Zeitrahmen
Bei der Systemvorbereitung und -einführung entwickelte der mit diesen Aufgaben befasste Lenkungsausschuss ein hohes Maß an Effizienz. Die in dem Gremium arbeitenden Funktionsträger – Kämmerer, Controller, Revisor und Schnittstellenverantwortliche aus dem Liegenschaftsamt beziehungsweise dem Amt für zentrale Angelegenheiten – zogen während der gesamten Vorbereitungsphase an einem Strang. Treibende Kraft war dabei die klare Vorgabe, Entscheidungen zu treffen, auch mit dem Risiko späterer Nachbesserungen – eine unerlässliche Voraussetzung, um mit dem knappen Zeitrahmen zurecht zu kommen. „Um das System einrichten zu können“, so Brigitte Keller, „mussten manchmal minütlich Entscheidungen getroffen werden. Diese Kultur braucht man, auch wenn man vielleicht in einem Jahr wieder etwas ändern muss.“

Einen der wichtigsten Schritte in diesem Zusammenhang stellte die Überführung der Kosten- und Leistungsrechnung-Daten in die Doppik dar. Dazu wurden das Ergebnis des Vorvorjahres und der Plan des Vorjahres in die neue Systematik übernommen, so dass nachvollziehbar war, welche frühere Haushaltsstelle das heutige Konto repräsentierte. Ganz bewusst verzichtete man aber darauf, die Haushaltstellen in der Doppik nachzubilden. Statt dessen wurden unterschiedliche Haushaltsstellen und Finanzpositionen in bestimmten Konten zusammengeführt.

Nutzen

Das Ergebnis ist ein stark verdichteter Haushalt, der nicht mehr – wie bisher – rund 1.000 Seiten, sondern nur noch 150 umfasst. Der Systemstart erfolgte zwar noch mit einem nach Organisationseinheiten gegliederten Haushalt. Die spätere Umstellung auf einen Produkthaushalt ist aber bereits geplant. Auch die Integration der seit dem Jahr 2000 bestehenden Anlagen- und Vermögensverwaltung wurde zum 1.1.2005 realisiert.

Gebucht wird – mit Ausnahme des Liegenschaftsamtes und des Amtes für zentrale Angelegenheiten – nur noch zentral, allerdings ohne endgültige Festlegung.

Die Übernahme der Kosten- und Leistungsrechnung-Daten in die Finanzbuchhaltung verlief ebenfalls erfolgreich. Bereits im November letzten Jahres befasste sich die Politik mit dem neuen doppischen Haushalt und machte ihn zur Grundlage der Beschlussfassung. Dazu Brigitte Keller: „Das bringt den Landkreis noch weiter nach vorn, da sich die Sichtweise und die Betrachtung dessen, wie man mit Geld umgeht, radikal verändert. Man merkt plötzlich, dass es katastrophal ist zu konsumieren, wenn man das erforderliche Geld nicht erwirtschaften kann. Umgekehrt tut man sich mit sinnvollen Investitionen leichter, weil sich dadurch das Anlagevermögen erhöht.“ Für sie stellt die Doppik die Basis für ganz andere Entscheidungen dar.

Doppik-Entscheidung muss von ganz oben kommen
Insofern ist Brigitte Keller auch der Ansicht, dass die Vorgehensweise im Landkreis Ebersberg Modellcharakter für andere Verwaltungen ähnlicher Größenordnung haben könnte. Ihr Rat: Die Entscheidung muss von ganz oben kommen. Hilfreich sei es zudem, wenn Kosten- und Leistungsrechnung und Anlagenbuchhaltung bereits vorhanden sind. Auch die Entscheidung für den harten Wechsel hält sie für empfehlenswert, „weil er keine doppelten Kapazitäten bindet“, kann sich aber durchaus vorstellen, „dass es bei größeren Verwaltungen mit entsprechenden Ressourcen anders aussieht.“

Einer der wesentlichsten Faktoren ist für sie aber der Zeitaspekt: „Wer jetzt noch ohne Kosten- und Leistungsrechnung dasteht und bis 2007 die Doppik einführen will, muss sich ganz schön sputen. Das ist nicht nur eine Veränderung in der Verwaltung, sondern hier geht es um Kulturveränderung. Und was da an operativer Arbeit drinsteckt, merkt man erst, wenn man angefangen hat.“

Nach der frühen Entscheidung für die Kosten- und Leistungsrechnung vollzog der Landkreis Ebersberg den harten Umstieg auf die Doppik in einem äußerst knappen Zeitrahmen.

Die Eckdaten

Produkt Finanzwesen
Bundesland Bayern
Einwohnerzahl 129.764

Seit 1999 Anwender von Infoma newsystem, zunächst Kosten- und Leistungsrechnung. Ab 2005 doppisches NKR/NKFsystem inklusive Anlagenbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Darlehensverwaltung, seit 2011 Berichtswesen Plus und Business Intelligence (BI)